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Reportage

Zum Abschluss erklingt „Stille Nacht“

Bischof Dr. Franz Jung feiert mit Gefangenen und Bediensteten in der Justizvollzugsanstalt Würzburg einen weihnachtlichen Gottesdienst

Würzburg (POW) Verlegen reibt sich bei den Klängen von „Stille Nacht“ der eine oder die andere übers Gesicht. Insgesamt rund 280 weibliche und männliche Gefangene der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg haben sich am Montagnachmittag, 23. Dezember, in der Hauskapelle versammelt, um mit Bischof Dr. Franz Jung und Bediensteten und Ehrenamtlichen der JVA einen der zwei ökumenischen weihnachtlichen Gottesdienste zu feiern.

Es sind vermutlich die belastendsten Tage im Jahr für die rund 500 Frauen und Männer in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg: Während andere zuhause bei ihren Familien um den Christbaum feiern, sitzen sie an Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen oft einsam hinter verschlossenen Türen in ihren Zellen. Ein kleiner Lichtblick ist die ökumenische Christvesper.

„Viele Gefangene sind in diesen Tagen besonders bedrückt, vor allem diejenigen, die diese Zeit zum ersten Mal in der JVA erleben“, beschreibt die katholische Gefängnisseelsorgerin Pastoralreferentin Doris Schäfer die Stimmung hinter Gittern an Weihnachten. Familie und Freunde könnten in dieser Zeit nur eingeschränkt zu Besuch zugelassen werden. Weil zudem die JVA-Betriebe wegen der Feiertage geschlossen seien, entstehe viel Leerlauf. „Wir bieten besonders gutes Essen an. Es gibt Wild, Braten und Geflügel“, sagt JVA-Chef Regierungsdirektor Robert Hutter. Bischof Jung hat vor den Gottesdiensten in einigen Zellen und auf der Krankenstation mit Wach- und Pflegepersonal sowie Gefangenen gesprochen.

Zu Beginn des Weihnachtsgottesdienstes am Tag vor Heiligabend begrüßt Schäfer alle, die zum Gottesdienst in die JVA-Kapelle gekommen sind, besonders Bischof Jung, der zum ersten Mal in der JVA Würzburg zu Besuch ist. Zwei Vertreter der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) aus Würzburg-Lengfeld bringen das Friedenslicht von Betlehem und entzünden mit der Flamme aus dem Heiligen Land eine Kerze an der Krippe.

„Weihnachten ist ein Fest der Hoffnung, dass in der dunkelsten Nacht unseres Lebens ein neuer Lebensabschnitt beginnt“, sagt Bischof Jung in seiner Predigt. Weihnachten zeige, dass Gott mit den Menschen einen Neuanfang feiern wolle, „wenn wir das Alte loslassen können und ihm vertrauen“. Daher sei die „Wartezeit“ im Gefängnis keine verlorene Zeit. Die Gefängniszelle könne vielmehr im übertragenen Sinn als Kreißsaal bezeichnet werden, an dem neues Leben geboren werden wolle. Der Aufenthalt in der JVA markiere eine Grenze und zwinge zum Innehalten. Niemand könne dort mit seinem bisherigen Leben weitermachen. „Es gilt, den Schock des Weggesperrt-Werdens zu verarbeiten und Einsamkeit und schmerzhafte Trennung zu ertragen“, sagt Bischof Jung. Wichtig sei, trotz Schuld, Versagen und Scham die eigene Würde zu behaupten und die Grenzen des eigenen Lebens zu akzeptieren. „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, doch nicht in dir, du wärest ewiglich verloren“, zitiert Bischof Jung Angelus Silesius.

Die Fürbitten bringen zur Sprache, was die Menschen hinter Gittern bewegt: Sie beten unter anderem für Menschen, die von ihrer Familie getrennt sind, die einsam und ausgegrenzt sind, für die Opfer von Krieg und Vertreibung, für die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft. Musikalisch engagieren sich zahlreiche Frauen und Männer für den weihnachtlichen Gottesdienst. Zum Beispiel der Frauenchor der JVA unter der Leitung von Stefanie Schwab, der Männerchor der JVA und der CVJM-Posaunenchor Würzburg. Eine Mitarbeiterin des ehrenamtlichen Besuchsdiensts trägt die Lesung aus dem Buch Jesaja vor. Die evangelische Pfarrerin Astrid Zeilinger und Pastoralreferent Georg Ruhsert lesen das Weihnachtsevangelium vor. Viele Ehrenamtliche, die sich in der Würzburger JVA engagieren, feiern die Vesper mit. Prominenter Gast ist neben JVA-Chef Hutter Landtagsabgeordneter Manfred Ländner. Hutter wünscht den Gefangenen am Ende des Gottesdienstes ein frohes Weihnachtsfest.

Bevor nach dem Segen „Stille Nacht“ erklingt, dankt Gefängisseelsorgerin Schäfer dem Bischof, der die ermutigende Botschaft der Weihnacht den Gefangenen nahegebracht habe. Gemeinsam mit Ruhsert und Zeilinger überreicht sie ihm als Ausdruck des Danks eine Zeichnung der Krippenszene, gefertigt von einem Häfltling, außerdem eine CD mit von deutschen JVA-Chören gesungenen Weihnachtsliedern und das Buch „Gott im Gefängnis“.

Danach warten wieder die Zellen auf die Gefangenen. Bischof Jung und die übrigen Seelsorger verabschieden sie am Ausgang der Kapelle. „Frohe Weihnachten!“, wünscht der Bischof jedem Häftling und überreicht dabei eine Weihnachtskarte.

Markus Hauck (POW)

(0120/0027; E-Mail voraus)

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