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Zeugnis von der Hoffnung geben

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung bei der Diakonenweihe von Augustinerbruder Marcel Holzheimer am Samstag, 30. Juni, in der Augustinerkirche Würzburg

Die vier Lesungen zur heutigen Diakonenweihe wurden mit Bedacht ausgewählt. Vier Punkte entsprechend diesen vier Lesungen möchte ich Ihnen heute, lieber Bruder Marcel, mitgeben.

1. Die Berufung des Jeremia (Jer 1,4-9)

„Ich kann nicht reden, ich bin doch noch so jung“. Mit diesen Worten will Jeremia die Berufung zum Propheten abwehren. Ich bin doch noch so jung – auch Sie sind noch so jung. Verständlich, dass sich Jeremia der Aufgabe des Prophetenamtes nicht gewachsen fühlt. Wann aber ist man dem gewachsen? Wann ist die Zeit reif? Das fragen Sie sich heute angesichts der Diakonenweihe. Das habe natürlich auch ich mich gefragt, als der Brief aus Berlin kam mit der Ernennung zum Bischof von Würzburg. Passt das jetzt? Stimmt das?

Natürlich, es gibt bestimmte Stadien im Leben und Entwicklungsphasen, die man durchlaufen muss. Aber wann könnte man wirklich sagen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, für den Herrn zu gehen? Sicher, irgendwann muss man eine verbindliche Entscheidung treffen. Schön, dass Sie heute Ja sagen wollen zum Ruf Gottes.

Unabhängig vom Lebensalter aber wird deutlich, dass derjenige, der das Wort Gottes verkündet, jung bleibt. Denn es ist dieses Wort, in dem die Welt erschaffen wurde und das alles erneuert und am Leben erhält. Dieses Wort hält uns jung. Und das wünsche ich Ihnen, dass Sie in ihrem Dienst jung bleiben. Nicht, dass die Menschen bald sagen: Ach, der Bruder Marcel, der ist alt geworden im Geist, alt ohne die nötige Freude am Dienst, ohne die innere Spannkraft. Alt, weil ihm alles zu vertraut geworden ist, ohne die Herausforderung anzunehmen, die vom Wort Gottes ausgeht. Sagen Sie immer wieder vor dem Ruf des Herrn: „Herr, ich bin doch noch so jung!“ Dann wird es gut werden.

2. Die Emmausjünger (Lk 24,13-35)

Der Diakon ist der Diener an der Eucharistie. Wenn ich heute eine Bitte an Sie richten darf, dann diese: Werden Sie bitte kein „liturgischer“ Diakon, einer, dem es nur darum zu tun ist, in der Liturgie vorne zu stehen.

Das eindrückliche Emmaus-Evangelium sagt uns, dass man das Geheimnis der Eucharistie nur dann gut feiern kann, wenn es eingebettet ist in das Leben der Menschen. Gehen Sie die Trauerwege der Menschen mit. Teilen Sie mit ihnen ihre Niederlagen und ihren Schmerz, das viele Unerlöste und Ungelöste, das Zerbrochene und das Dunkle. Gehen Sie diese Wege mit wie dieser unbekannte Begleiter. Und wenn der Zeitpunkt reif ist, geben Sie Zeugnis von der Hoffnung, die Sie erfüllt und vermitteln Sie den Menschen eine Ahnung von dem Neuen, zu dem Gott all das wandeln kann, was wir nicht zu wandeln vermögen. Und dann erst kommt die Verdichtung dieser Lebenserfahrung im Sakrament. Ein Wunder, das sich immer wieder wie der auferstandene Herr entzieht und das man nicht festhalten kann, auch wenn wir es gerne wollen.

Dazu bedarf es allerdings eines brennenden Herzens, so wie Ihr Ordensgründer und Vater Augustinus immer dargestellt wird mit dem brennenden Herzen. Nur der, dessen Herz für den Herrn brennt, kann auch in anderen Herzen das Feuer der Liebe Christi entzünden.

3. Philippus und der Kämmerer der Kandake (Apg 8,26-40)

Der Diakon ist der Diener am Wort Gottes. Wenn ich Ihnen nachher das Evangelienbuch überreiche, werde ich sagen:

Was du liest, das ergreife im Glauben.

Was du glaubst, das verkünde,

was du verkündest, das erfülle im Leben.

Ja, wem der Dienst am Wort aufgetragen ist, der muss sich in das Wort vertiefen. Dem Mönch ist es aufgetragen die tägliche Stunde der Lectio zu halten, um dem Wort Gottes den Platz im Leben zu geben, der ihm gebührt, und dieses Wort zu verkosten.

Aber jenseits der eigenen Bemühungen um das Wort zeigt uns die Lesung, wie wichtig es ist, gemeinsam die Tiefen des Wortes Gottes auszuloten. Haben Sie einen wachen Blick wie dieser Philippus dafür, wo Menschen nach dem Wort fragen wie der Kämmerer der Kandake. Tauschen Sie sich mit diesen Menschen aus. Im Bibel-Teilen werden wir oft beschenkt mit einer Fülle von Eindrücken und Aspekten, die uns alleine nie gekommen wären. Es ist ein Zeichen der Demut, voneinander zu lernen und miteinander den unergründlichen Reichtum Christi zu teilen.

Verstehst du auch, was du liest? Ja, so viele Leser wie das Wort hat, so viele persönliche Lesarten wird es geben gemäß dem wunderbaren Wort Gregors des Großen, wonach „die göttlichen Worte mit ihren Lesern wachsen“. So wird dann auch unsere Verkündigung lebensnah und lebenssatt und regt an und lädt ein zur wirklichen Nachahmung.

4. Psalm 122, das Gebet für die Gottesstadt Jerusalem

Und schließlich der wunderbare Psalm 122 mit dem ergreifenden Gebet für die Heilige Stadt.

Erbittet für Jerusalem Frieden!

Wer dich liebt, sei in dir geborgen.

Friede wohne in deinen Mauern,

in deinen Häusern Geborgenheit.

Es hat mich sehr berührt, wie Sie in unserem Gespräch vor zwei Wochen mit leuchtenden Augen von Ihrem Jahr in Jerusalem erzählt haben, mit wie vielen Eindrücken Sie dort beschenkt wurden, wie reich diese Zeit in Ihrem Leben war und wie sehr dieses Jahr Ihren weiteren Werdegang beeinflusst hat. Mich hat es natürlich auch angesprochen wegen meiner Beziehungen zu den Monastischen Gemeinschaften von Jerusalem, die den Namen der Heiligen Stadt in ihrem Ordensnamen tragen und die wissen, dass man diesen wunderbaren und verheißungsvollen Namen nicht einfach so beanspruchen kann, sondern „dass man sich diesen Namen ein Leben lang verdienen muss“, wie Bruder Pierre-Marie, der Gründer, unvergessen einmal zu mir sagte.

Die Stadt Jerusalem ist die verbindende Klammer zwischen unseren heutigen Lesungen. Niemand trauerte so sehr um den Untergang Jerusalems wie Jeremia, der angetreten war, die Stadt vor der Zerstörung zu bewahren. Die erschütternden Klagelieder sind bis heute ein beredtes Zeugnis dieser unstillbaren Trauer. Die Emmaus-Jünger kehren im Evangelium nach der Zerstreuung nach Jerusalem zurück. Und die Apostelgeschichte unterstreicht, dass alle Mission von Jerusalem ausgeht.

Der Name Jerusalem steht für die Gerechten des Alten und des Neuen Bundes, die wir gleich in der Allerheiligenlitanei nach dem Vorbild des heiligen Augustinus im Gottesstaat anrufen werden. Die heilige Stadt steht für die Sammlung aller Völker in der großen endzeitlichen Völkerwallfahrt, wie der Prophet Jesaja sie gesehen hat. Jerusalem steht für die Vollendung, die von Gott her auf diese Welt herabkommt, wie es das letzte Buch der Bibel, die Apokalypse beschreibt. Es ist die Vision einer geeinten und in Gott versöhnten Menschheit, die heilige Stadt, die in Frieden lebt, weil der Herr alles in allen und in allem ist. Keiner hat so oft und so eindrücklich von dieser Stadt als Inbegriff christlicher Hoffnung gehandelt wie Ihr Ordensgründer, der heilige Augustinus, der in seinem Psalmenkommentar von Jerusalem schreibt, dass wir einst dort schauen und lieben und loben werden.

Ja, Bruder Marcel, werden Sie als Diakon ein Diener dieses neuen Jerusalem. Denn es ist unser Hoffnungsanker im Himmel, die Sehnsucht und das Ziel hinter all unserem Tun, die Sehnsucht der Kirche als Angeld der erlösten Menschheit, eine Sehnsucht, die mit dem Aufschub immer nur noch mehr wächst. Amen.