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Dokumentation

„Sei ein Hüter der Seelen“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung zur Bischofsweihe von Weihbischof Paul Reder am Hochfest Christi Himmelfahrt, 9. Mai, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Mitbrüder im bischöflichen Amt,

liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Amt,

liebe Familie Reder,

liebe Festgäste aus nah und fern,

liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

lieber Mitbruder Paul,

Christus erhöht beim Vater als „Bischof unserer Seelen“

„Ihr Völker alle, klatscht in die Hände; jauchzt Gott zu mit lautem Jubel!

Denn Furcht gebietend ist der Herr, der Höchste,

ein großer König über die ganze Erde“.

So haben wir eben im Antwortgesang mit Psalm 47 gesungen. Die Festfreude des Psalms erfüllt den heutigen Tag. Denn schon die Väter der Kirche haben dieses Lied gedeutet als Hinweis auf die Erhöhung des auferstandenen Herrn zu Gott, dem Vater.

Mit dem heutigen Tag sind wir im menschgewordenen Gottessohn endgültig bei Gott angekommen. Christus, der über die Erde erhöht wird als König, ist uns nicht entrückt. Das Gegenteil ist wahr. Ab heute bleibt er uns nahe über alle Grenzen von Zeit und Raum hinweg. Er, der alle Tiefen durchschritten hat und zurückgekehrt ist in die Vollendung des Lebens bei Gott.

Nur so kann er sein Mittleramt wahrnehmen zwischen Himmel und Erde. Der zur Rechten des Vaters sitzt, ist eingesetzt als der einzige und wahre Hohepriester seiner Kirche. Ein schöneres Fest, um Bischofsweihe zu feiern, gibt es nicht. Denn jeder Bischof hat Maß zu nehmen an Christus selbst, den der Erste Petrusbrief so treffend den „Bischof und Hüter unserer Seelen“ nennt (1Petr 2,25).

Lieber Weihbischof Paul, sei ein Hüter der Seelen der Dir anvertrauten Menschen. Deine freundliche Zugewandtheit und Deine seelsorgliche Erfahrung als Priester und Pfarrer werden Dir helfen, gut in diese Rolle hineinzuwachsen.

Die Augen des Herzens erleuchten

Heute gilt es wahrzunehmen, wie groß das Geschenk ist, das Gott uns in der Himmelfahrt seines Sohnes macht. Im Brief an die Epheser bittet der Apostel Paulus darum, der Gott Jesu Christi möge die Augen „unserer Herzen erleuchten, damit wir verstehen, zu welcher Hoffnung wir durch ihn berufen sind, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke“ (Eph 1,17-19).

Genau das brauchen wir in diesen bedrängenden Tagen in Kirche und Welt besonders, lieber Weihbischof Paul. Dass der Herr die Augen unseres Herzens erleuchte. Der bischöfliche Dienst besteht darin, den Menschen zu helfen, diese Hoffnung immer wieder neu zu entdecken. Sie gründet nicht auf Irdisches, sondern auf den Herrn selbst, der unser Anker im Himmel ist (Hebr 6,19).

Das ist „die Wahrheit, die uns befreit“, wie Dein bischöflicher Wahlspruch sagt (Joh 8,32). Diese Wahrheit bewahrt uns davor, unterzugehen in den Problemen des Augenblicks. Diese Wahrheit schenkt uns eine innere Freiheit, die im Blick auf den erhöhten Herrn die Hände nicht mutlos sinken lässt.

Das letzte Kapitel des Lukasevangeliums erzählt, dass Christus im Moment seines Eingehens in die Gegenwart des Vaters seine Hände segnend über seine Jünger gebreitet habe (Lk 24,51). Was für eine berührende Szene. Christus, der in die Ewigkeit des Vaters eingeht, segnet das Zeitliche. Dieser Segen ist sein bleibendes Vermächtnis.

Als Weihbischof wirst Du, lieber Weihbischof Paul, in der Nachfolge des Herrn diesen Segen vielen Menschen weitergeben dürfen. Vor allem das Sakrament der Firmung vermittelt diesen Segen und festigt die Gefirmten im Glauben. Umfangen vom Segen des Herrn, der „thront in der Herrlichkeit des Vaters und dennoch inmitten seiner Kirche bleibt“, wie es so schön im heutigen Schlusssegen heißt, umfangen von diesem Segen dürfen wir unseren Weg gehen in diese Welt hinein.

Den Himmel und die Erde nicht verraten

Denn Christi Himmelfahrt lädt nicht ein zur Weltflucht. Die beiden Engel, die wie am Ostermorgen so auch am Tag der Himmelfahrt den Jüngern zur Seite stehen, bringen es mit ihrer berühmten Frage klar ins Wort: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch fort in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen“ (Apg 1,11).

Weil dieser Jesus nicht weg ist, sondern auf ganz neue Weise bei uns bleibt bis zum Ende der Welt, sind wir dieser Welt und ihren Herausforderungen verpflichtet.

In seiner Himmelfahrtspredigt 1944 hat Alfred Delp das seiner Gemeinde eindringlich ans Herz gelegt, als er sagte: „Der Herr hat uns die Unruhe und die Verantwortung ins Herz hineingebrannt und man verrät den Himmel, wenn man die Erde nicht liebt, und man verrät die Erde, wenn man nicht an den Himmel glaubt, weil man dann der Erde Gewalt antut und nicht mit segnenden, helfenden Händen zu ihr kommt.“

Die Erde darf man nicht verraten. Denn sie braucht unsere Hoffnung. Deshalb betone ich immer neu die Verbindung von Caritas und Seelsorge. Deshalb sind wir gefordert, angesichts der Polarisierungen in unserem Land den Menschen Orientierung anzubieten.

Deshalb müssen wir für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder genauso eintreten wie für die Solidarität mit denjenigen, die in ihrem Leben keinen Sinn mehr sehen oder denen man nahelegt, die Gesellschaft nicht weiter zu behelligen, weil sie im Alter oder ihrer Not nur noch einen Kostenfaktor darstellen. Deshalb ist es an uns, den Armen, Notleidenden und Heimatlosen beizustehen, wie es gleich im Weiheversprechen vom Bischof erfragt wird.

Denn all das heißt, der Hirtensorge in der Nachfolge Christi nachzukommen.

Der Herr bleibt präsent inmitten seiner Kirche

Die Treue zur Erde und die Treue zum Himmel werden versinnbildet in dem bischöflichen Ring. Er ist der sinnenhafte Ausdruck für den Bund zwischen Gott und Mensch, der am Fest der Aufnahme des Herrn in den Himmel endgültig geschlossen wird. Die Kirche versteht sich dabei nicht als Ersatz für den erhöhten Herrn.

Als Leib Christi existiert sie nur durch die lebendige Beziehung mit Christus, der in ihrer Mitte gegenwärtig ist und bleibt. Diese Beziehung wachzuhalten, ist unsere bischöfliche Aufgabe. Sei es in der Spendung der Sakramente, weil in sie eingegangen ist, was an Christus sichtbar war, wie Papst Leo der Große sagte. Sei es in der betenden Vertiefung in das Wort Gottes, wozu unser Lectio-Divina-Projekt einladen möchte. Sei es in der Anbetung, die hilft, uns in die Gegenwart des Gegenwärtigen zu versetzen, um uns so von ihm verwandeln zu lassen. Die Erneuerung der Kirche braucht diese innige Verbundenheit mit dem Herrn. Nur so werden wir nicht müde, dem Ruf „Erhebet die Herzen“ Folge leisten zu können.

Ich freue mich, Dich, lieber Weihbischof Paul, an meiner Seite zu wissen bei der geistlichen Erneuerung unseres Bistums. Denn nach der Klärung der Strukturen ist es jetzt an der Zeit, uns von neuem auf die Mitte unseres Glaubens zu besinnen!

Die himmlische Vollendung offenhalten

„Als sie nun beisammen waren, fragten sie ihn: Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her? Er sagte zu ihnen: Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,6-8).

Wir können die bange Frage der Jünger am Himmelfahrtstag gut nachvollziehen. Auch wir würden gerne wissen, wann das Reich endlich aufgerichtet wird, wann unser Mühen ein Ende hat und wann unsere Anstrengungen beginnen, Frucht zu tragen. Aber Jesus verbietet den Jüngern alle Endzeitspekulationen. Das ist heilsam inmitten einer Welt, in der es von Endzeitpropheten nur so wimmelt und in der uns allenthalben Weltuntergangsszenarien gemalt werden.

Nein, mit der Himmelfahrt ist noch nicht alles zu Ende. Es beginnt erst.

Aber es bleibt ein Mühen. In seiner unnachahmlichen Tiefe und Schönheit der Gedankenführung hat der heilige Bernhard drei Grundhaltungen benannt, die für die Zwischenzeit der Kirche vonnöten sind: magnanimitas, longanimitas und unanimitas.

In der Zeit bis zur Wiederkehr brauchen wir die Großmütigkeit, die Langmütigkeit und die Einmütigkeit. Wir brauchen die Großmütigkeit, um den Menschen mit einem großen Herzen von unserem Schatz im Himmel zu künden. Wir brauchen die Langmütigkeit, weil die Veränderungsprozesse und das Hinwachsen auf den Herrn uns viel Geduld abverlangen. Und wir brauchen die Einmütigkeit, die verhindert, dass in allem Miteinander-Ringen die Einheit zerbricht.

Alle drei Grundhaltungen wünsche ich Dir, lieber Weihbischof Paul, für Deinen Dienst. Das weite Herz, den langen Atem und den Dienst an der Einheit, der uns Bischöfen anvertraut ist.

Einer Einheit, die als katholische, als weltumspannende Einheit gedacht ist. Schließlich sollen wir seine Zeugen sein nicht nur „in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien“, sondern auch in Unterfranken, in Mbinga und Óbidos. Denn Bischof ist man immer in der Verantwortung für die ganze Kirche im Kollegium der Bischöfe unter der Leitung des Papstes. Deshalb ist es ein wunderbares Zeichen der Verbundenheit, dass heute auch unsere Partnerbischöfe zugegen sind, Bischof John und Bischof Bernardo.

Danke für Ihre und Eure Präsenz hier an diesem freudigen Tag! Danke für die Erinnerung, dass unsere Kirche eine weltumspannende Kirche ist, in der wir Freude und Nöte miteinander teilen und aneinander wachsen im Glauben und in der Liebe zu dem einen erhöhten Herrn, der alle an sich ziehen möchte.

Aussendung in freudiger Zuversicht

„Sie aber zogen aus und verkündeten überall. Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte das Wort durch die Zeichen, die es begleiteten“ (Mk 16,20).

So lautet der ermutigende Schlusssatz im letzten Kapitel des Markusevangeliums. Dieses letzte Kapitel ist nicht das Ende, sondern allererst ein Anfang. Denn die Sache mit Jesus von Nazareth ist nicht einfach Geschichte. Vielmehr schreibt der erhöhte Herr Geschichte.

Ab heute schreibt er auch mit Dir, lieber Weihbischof Paul, in Deinem neuen Amt für die Ortskirche von Würzburg Geschichte. Zieh also aus und verkünde!

Wir freuen uns auf die Zeichen, mit denen der Herr auch Deine Worte bekräftigen wird. Halleluja!