Würzburg/Seligenstadt/Astheim (POW) Wie wird aus den Trauben der Wein gemacht? Welche Pflege brauchen die Rebstöcke im Weinberg? Mit welchen gesetzlichen und klimatischen Veränderungen haben Weinbau und Landwirtschaft zu tun und wie reagieren sie darauf? Mit diesen und vielen weiteren Themen hat sich Bischof Dr. Franz Jung auf Einladung der Stiftung Juliusspital Würzburg am Mittwoch, 18. September, bei einer Rundfahrt durch die verschiedenen Betriebsstätten der Stiftung beschäftigt. Eingeladen hatte ihn dazu Oberpflegamtsdirektor Walter Herberth. Er begleitete den Bischof gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Oberpflegeamts und den Verantwortlichen des Geschäftsbereichs Landwirtschaft, Weingut und Forstbetrieb. Der Bereich steuert laut Herberth mit seinem Ertrag wesentlich zur Finanzierung der sozialen Aufgaben der Stiftung wie zum Beispiel dem Krankenhaus und dem Seniorenstift bei.
Mit 180 Hektar Weinbergen von Bürgstadt über Würzburg mit Umland bis nach Iphofen verfüge die 1576 von Fürstbischof Julius Echter errichtete Stiftung Juliusspital über die zweitgrößte Weinanbaufläche in Deutschland. Darüber informierte Geschäftsbereichsleiter Matthias Wallrapp den Bischof. Das Juliusspital Weingut sei als größtes Silvanerweingut der Welt auch Mitglied des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) und zähle somit zu den besten Weingütern Deutschlands. Hinzu kämen über 1000 Hektar Ackerfläche, bei denen Zuckerrüben, Saatgutvermehrung und Getreideproduktion den Schwerpunkt bildeten. Der Forst umfasse 3400 Hektar mit alten Eichen- und Buchenbeständen im Raum Gemünden-Hammelburg.
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In der Kelterhalle in der Würzburger Innenstadt zeigte Weingutsleiter Joachim Brand dem Besuch, wie die geernteten Trauben mit dem Anhänger vom Weinberg angeliefert und gepresst werden. „Wir achten streng auf die optimale Reife der Trauben“, betonte er. Maximal 100.000 Kilogramm können von den drei Pressen pro Tag gekeltert werden. Im Weinkeller erfolge nach einer ersten Klärung die temperaturgeführte Gärung. „Nur so können wir sicherstellen, dass die gewünschten Aromakomponenten auch im Wein landen.“
Im Weinberg in der berühmten Lage Würzburger Stein betreut Weinbergsmeister Peter Rudloff 21 Hektar Reben für das Juliusspital. Insgesamt verantwortet er mit seinem Team der Würzburger Weinbergsgruppe 95 Hektar. Rudloff erläuterte Bischof Jung, dass eine Begrünung zwischen den einzelnen Reihen sehr wichtig sei. Bei 35 Grad Außentemperatur erwärme sich der Boden sonst schnell auf 50 Grad Celsius und mehr. „Dann sterben im Boden wichtige Mikroorganismen.“ Der Frostschaden von fast 100 Prozent in diesem Frühjahr – gerade in diesen Spitzen-Lagen am Stein – sei selbst für ihn mit jahrzehntelanger Erfahrung neu, sagte Rudloff. „Das hängt auch damit zusammen, dass der Austrieb im Zug der Klimaerwärmung immer früher erfolgt“, erklärte Weingutsleiter Brand. Gefühlt sei man aktuell mitten in der Lese, effektiv aber erst am Anfang.
Weiter östlich im Weinberg ließ Rudloff Bischof Jung die Kerne einiger Trauben probieren. „Solange diese noch bitter schmecken und sich schwer lösen lassen, ist die Traube noch nicht reif.“ Die Pflege der Rebstöcke bezeichnete Rudloff wie das Führen eines Hochleistungssportlers. Es brauche gleichsam einen „Trainingsplan“ für die Rebe und eine an die aktuelle Phase angepasste Nährstoffversorgung, um das Beste aus der Traube rauszuholen.
Und auch Menschen mit Demenz scheint die Tätigkeit im Weinberg zu helfen: Rudloff berichtete vom Projekt „Stiftsschöpple“, das 2010 in Kooperation mit dem Juliusspital Seniorenstift und unter der Schirmherrschaft von Barbara Stamm ins Leben gerufen wurde und sogar mit dem Bayerischen Demenzpreis der Staatsregierung geehrt wurde. Patienten hätten als Teil des Mobilisierungsprogramms mehrfach einen Nachmittag im Weinberg mitgearbeitet oder dort beispielsweise Sonnenblumen angepflanzt. „Das ging erstaunlich gut, und als Folge wurde mir berichtet, dass viele Patienten im Alltag viel sicherer gelaufen seien, sicher bedingt durch den Reiz des etwas unebenen Weinbergsbodens.“
Vorbei am Rotkreuzhof, dessen Gebäude heute verpachtet sind, fuhr die Gruppe zum Gut Seligenstadt. Dort erklärte Gutsverwalter Christian Regnet, dass die Landwirtschaft sich auf insgesamt drei Standorte verteilt: Gut Seligenstadt mit über 600 Hektar, den Jobsthaler Hof in Hausen mit rund 200 Hektar, den Rotkreuzhof mit ebenfalls rund 200 Hektar sowie 24 Hektar bei Iphofen. Auf mehr als die Hälfte der Äcker sei 2024 Getreide angepflanzt worden, auf mehr als 200 Hektar Zuckerrüben. Regnet beklagte eine überbordende Bürokratie, die den Landwirten das Leben zunehmend schwermachten sowie an der Praxis den klimatischen Bedingungen vorbeigehende gesetzliche Regelungen. Da alle Feldfrüchte inzwischen weltweit gehandelt würden, entwickelten sich die Preise sehr unvorhersehbar. „Wenn ich zum falschen Zeitpunkt etwas ein- oder verkaufe, hat das größeren Einfluss auf die Bilanz als mein Handeln auf dem Acker“, erklärte Regnet.
Hinzu kämen aktuell Probleme wie Zuckerrübenkrankheiten, die von der Schilf-Glasflügelzikade verbreitet werden. Bei der Rübe senken sie entweder den Zuckergehalt massiv oder sorgen dafür, dass deren Konsistenz gummiartig wird. „Das hat negative Folgen für die weitere Verarbeitung, zum Beispiel weil die Rüben nicht lagerfähig sind.“ Vor wenigen Jahren ausschließlich im Südwesten der Bundesrepublik verbreitet, sei inzwischen auch der Raum Würzburg davon betroffen. „Es dauert bestimmt nicht lange, bis es auch die Rhön erwischt“, sagte Regnet. Beeindruckt war der Bischof vom landwirtschaftlichen Fuhrpark. Dieser umfasst unter anderem neun Traktoren, deren stärkster 460 PS hat und an dessen Steuer Bischof Jung auch einmal Platz nehmen durfte.
Den Abschluss fand die Rundfahrt im Weinberg bei Astheim, wo der zuständige Weinbergsmeister Thomas Hufnagel mit seiner Weinbergsgruppe 75 Hektar von dort bis Iphofen verantwortet. 2,5 Hektar bewirtschaftet das Juliusspital seit 2011 an der nahen Vogelsburg zertifiziert ökologisch. „Weitere zwölf Hektar hier werden von uns auch ökologisch betrieben, aber bislang als Versuch und daher noch nicht zertifiziert.“ Besonders Weißburgunder und Chardonnay gediehen in dieser Lage an der Mainschleife. Der Pflanzenschutz erfordere allerdings deutlich mehr Arbeitsaufwand als im konventionellen Weinbau. „Durch gezielte Begrünungseinsaaten in unseren Weinbergen sorgen wir nicht nur für ein biologisches Gleichgewicht in den Hängen, sondern versorgen mit dem entstehenden Humus unsere Rebstöcke. So unterbrechen wir die oft als Monokultur bezeichnete Weinbergskultivierung auf den jahrhundertealten, historisch belegten Weinlagen um die Vogelsburg“, erklärte Weingutsleiter Joachim Brand.
Mit einer Vielzahl von neuen Eindrücken und Erkenntnissen kehrte Bischof Jung am Ende des Nachmittags nach Hause zurück. Eines begeisterte ihn besonders: „Es ist toll zu sehen, mit wie viel Herzblut die Mitarbeiter des Juliusspitals, die ‚Spitäler', wie sie sich selber nennen, bei der Sache sind.“ Oberpflegamtsdirktor Herberth erklärte das so: „Der soziale Auftrag der Stiftung ist für alle Mitarbeitenden Ansporn und Verpflichtung.“ Für die gute Sache zu arbeiten und Teil der Stiftungsfamilie zu sein, mache viele Mitarbeitende stolz.
mh (POW)
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