Liebe Priorin Schwester Ancilla und liebe Karmelitinnen,
liebe Mitbrüder im geistlichen Amt,
liebe Festgäste,
liebe Schwestern und Brüder im Herrn!
Das diesjährige Christkönigsfest als Ende einer Ära
Mit dem Christkönigsfest geht das Kirchenjahr zu Ende. Mit dem heutigen Festtag endet aber in Rödelmaier nicht nur das Kirchenjahr, sondern eine ganze Ära findet heute ihren Abschluss. Nach nahezu 100 Jahren werden Sie, liebe Karmelitinnen, den Karmel „Regina Pacis“ aufgeben, um in den Karmel „Sankt Josef“ nach Auderath in der Eifel umzuziehen.
Mit „entschlossener Entschlossenheit“ vorgehen
Das bedeutet einen tiefen Einschnitt, zunächst für Sie selbst als Gemeinschaft, dann für die Menschen hier in Rödelmaier und nicht zuletzt für unser ganzes Bistum Würzburg. Sie haben sich diese Entscheidung nicht leichtgemacht, das weiß ich. Wir haben uns im vergangenen Jahr viel Zeit genommen, um die aktuelle Situation nach allen Seiten hin zu bedenken und zu fragen, was jetzt geboten wäre.
Nach der Phase der Unterscheidung aber muss eine mutige Entscheidung getroffen werden. Das haben Sie getan und das ist – bei allem Abschiedsschmerz – aller Bewunderung wert. Die Klarheit, mit der Sie Ihren Weg gehen, macht auch Ihrer großen Gründerin, Teresa von Jesus (Avila), alle Ehre, die nicht müde wurde zu betonen, dass man im Leben mit „entschlossener Entschlossenheit“ vorgehen muss.
Der Dienst für das ganze Bistum
Dennoch bedauere ich diesen Schritt. Sie waren für die Ordenslandschaft in unserem Bistum eine Bereicherung. Mit Ihrer Hostienbäckerei haben Sie über Jahrzehnte hinweg unsere Pfarreien versorgt. Ihr Kloster war ein geistlicher Anziehungspunkt für viele Menschen. Es war gut eingebunden in das unmittelbare Umfeld und weit darüber hinaus. Seelsorger wie Gläubige haben Sie und Ihr Charisma mitgetragen, was keineswegs selbstverständlich ist. Es war ein glückliches Geben und Nehmen und alle haben davon gleichermaßen profitiert. Ich danke Ihnen heute im eigenen Namen, aber auch im Namen der ganzen Diözese für Ihren wichtigen Dienst des Gebetes, aber auch der geistlichen Präsenz hier in Rödelmaier. Wir werden Sie vermissen!
Weisungen aus dem Geist der Heiligen Teresa
Wenn ich Ihnen etwas auf den Weg mitgeben möchte, dann schaue ich heute noch einmal auf die geistliche Weisung der großen Teresa von Jesus. Als gereifte Nonne und Karmelitin war sie ja Spezialistin in Umzügen vielfacher Art, vor allem während ihrer ausgeprägten Gründungstätigkeit im letzten Drittel ihres so bewegten Lebens.
Die Demut als das Fundament des karmelitischen Lebens
Ein erster Punkt ist dabei für mich die Bedeutung der Demut als Fundament des karmelitischen Lebens. Demut meint für Teresa die Fähigkeit, die Wirklichkeit so wahrzunehmen, wie sie ist und nicht wie ich sie mir wünsche. Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. Die Demut konfrontiert uns mit unserer Schwäche und unserer Erlösungsbedürftigkeit. Sie haben sich in den vergangenen Monaten in dieser Demut geübt. Und sie durften erkennen, was Teresa von Jesus immer wichtig war: Es gibt im geistlichen Leben nie nur den einen Weg. Diese Einsicht verleiht dem gläubigen Menschen eine große innere Freiheit. Erst wer diese Freiheit erlangt hat, ist in der Lage, gute Entscheidungen zu treffen. Der Weg dahin ist ein Weg innerer Läuterung, bei dem man von vielem Liebgewonnen Abschied nehmen muss, um sich wieder ganz dem Herrn zur Verfügung zu stellen. Schön, dass Sie diesen Weg gegangen sind. Wie sagt Teresa doch so treffend:
„Unser Gewinn besteht nicht darin, viele Klöster zu besitzen, sondern darin, dass deren Bewohnerinnen heilig leben“ (Ct 451.3).
Der äußere Umzug als Aufbruch ins Innere der Seelenburg
Ein zweiter Gedanke. Die äußerliche Veränderung würde nichts nützen, wenn ihr nicht auch eine innerliche Veränderung folgen würde. Oder anders gesagt: Der Umzug in ein anderes Kloster ist die Voraussetzung dafür, auch in der „Seelenburg“ weiter nach Innen vorzudringen. Der Klosterwechsel ist eine Einladung, auch geistlich zu wachsen. Teresa kleidet diese Einladung in das schöne Bild vom „zarten Pfeifen des Hirten“ (4M 3.2), das die Seele dazu anhält, nicht verloren umherzuirren, sondern in seine Wohnung zurückzukehren. Ich wünsche Ihnen, dass Sie in all dem Trubel der kommenden Tage dieses leise Pfeifen des Hirten nicht überhören, sondern sich vom Herrn zur Einkehr zurückrufen lassen. Und wenn es scheint, die Wohnungssuche wäre zu schwer, erinnern Sie sich der herrlichen Verse der Heiligen Teresa, die im Gedicht Gott zur suchenden Seele sagen lässt:
„Du bist mein Haus und meine Bleibe, / bist meine Heimat für und für:
Ich klopfe stets an deine Tür, / dass dich kein Trachten von mir treibe.
Und meinst du, ich sei fern von hier, / dann ruf mich, und du wirst erfassen,
dass ich dich keinen Schritt verlassen: / und, Seele, suche mich in dir“ (P 4).
Sei Biene, nicht Spinne!
Ein drittes. Viele Veränderungen werden sich die kommenden Wochen und Monate einstellen. Sie werden zurückschauen auf das, was Sie hinter sich gelassen haben. Und Sie werden sich fragen, ob sich Ihre Vorstellungen am neuen Ort wirklich erfüllt haben oder noch erfüllen werden. Dabei werden sich Gewinn und Verlust wahrscheinlich irgendwie die Waage halten wie so oft im Leben. Manchmal wird die Waage sich eher auf die eine, dann wieder auf die andere Seite neigen. An uns liegt es dann, was wir aus diesen Erfahrungen machen. Im Buch der Klostergründungen schenkt uns Teresa diesbezüglich das schöne Bild von der Spinne und der Biene (F 8.3). Die Spinne verwandelt in ihrem Hochmut alles, was sie frisst, in Gift.
Die Biene jedoch versteht es in ihrer Demut, alles, was ihr widerfährt, zu süßen Honig zu verwandeln. Nehmen Sie sich die fleißige Biene zum Vorbild und hüten Sie sich davor, der listigen Spinne ins Netz zu gehen.
Falls es wirklich hart auf hart kommt, gedenken Sie der Mahnung Teresas, die sagte:
„Die Welt steht in Flammen! (…) und da sollen wir Zeit vergeuden mit Dingen, durch die wir, wenn Gott sie gewährte, einen Menschen weniger im Himmel hätten?
Nein, meine Schwestern, nein, es gibt keine Zeit, um mit Gott über Geschäfte von wenig Bedeutung zu verhandeln“ (CE 1.5).
Mit dem Christkönig zwischen Himmel und Erde hängen
Ein vierter Gedanke. Den Zwischenzustand zwischen Abschied und Neubeginn, zwischen der Vertrautheit mit dem Alten und der Fremdheit des Neuen, zwischen der Geborgenheit im Gebet und dem Gefühl der Gottverlassenheit beschreibt Teresa eindrücklich als ein Hängen in der Luft. Aus eigener Erfahrung weiß sie zu berichten, dass sie sich zuweilen vorkam „wie eine, die aufgehängt ist, die weder an etwas Irdischem Halt findet noch in den Himmel aufsteigen kann“ (6M 11.5).
Wenn ihr in dieser Situation etwas Halt geben konnte, dann war es wohl nur der berühmte Nagel, den Christus ihr in der Vision der geistlichen Vermählung am 18. November 1572 überreichte:
„Siehe diesen Nagel! Er ist das Zeichen, dass du von heute an meine Braut bist. Bis jetzt hattest du das nicht verdient; von jetzt an wirst du auf meine Ehre achten, nicht nur weil ich dein Schöpfer, dein König und dein Gott bin, sondern weil du meine wahre Braut bist: Meine Ehre ist bereits deine, und deine meine“ (CC 25).
Mit dem Christkönig, der am Kreuz über die Erde erhöht ist, weiß Teresa sich zutiefst verbunden, ja vermählt. Der Nagel, den der Herr ihr überreichte, schenke auch Ihnen Halt und Zuversicht, wenn Sie das Gefühl überkommt, in der Luft zu hängen. Denn der Herr, der am Kreuz alle in seine Arme schließt, lässt keinen fallen, der auf ihn hofft.
Der heilige Josef als Schutzpatron
Ein Letztes. Ihre Klöster stellte die „Madre Fundadora“ unter das Patronat des Heiligen Josef. So ist es eine schöne Fügung, dass Ihr Umzug nach Auderath auch unter dem Schutz des Heiligen Josef steht. Teresa hatte nach eigenem Bekunden ein besonders inniges Verhältnis zu diesem Heiligen, gerade zu Beginn Ihres geistlichen Ringens. Sie schreibt:
„Ich nahm mir den glorreichen heiligen Josef zu meinem Anwalt und Herrn und empfahl mich ihm sehr. Ich sah deutlich, wie dieser mein Vater und Herr mich nicht nur aus dieser Not, sondern auch aus anderen, noch größeren, bei denen mein Ansehen und mein Seelenheil auf dem Spiel standen, auf bessere Weise rettete, als ich von ihm zu erbitten vermocht hätte. Mir fällt nichts ein, worum ich ihn bislang gebeten und was er mir zu gewähren unterlassen hätte.
Es ist zum Staunen, welch große Gnaden mir Gott durch diesen glückseligen Heiligen geschenkt hat, und wie er mich aus Gefahren für Leib und Seele errettet hat.
Anderen Heiligen scheint der Herr die Gnade verliehen zu haben, in einer bestimmten Notlage zu helfen, mit diesem großen Heiligen aber habe ich die Erfahrung gemacht, dass er in allen Nöten hilft“ (V 6.6).
Für Teresa ist der Heilige Josef ein echtes Ass im Ärmel und eine geistliche Wunderwaffe. Als guter Vater weiß er nicht nur aus bestimmten, sondern aus allen Nöten zu erretten. Und es kommt noch besser. Denn Teresa fügt hinzu:
„Wenn meine Bitte ein wenig verschroben ist, rückt er sie zu meinem größeren Wohl zurecht“ (V 6.7).
Der heilige Josef erfüllt also nicht einfach nur unterschiedslos alle Bitten. Die verschrobenen Bitten rückt er zuerst einmal zurecht und erfüllt sie erst dann und zwar genau so, dass sie uns zum größeren Wohl dienen - auch über das hinaus, was wir uns wünschten. Was kann einem Besseres passieren? Damit erweist sich der heilige Josef als der perfekte Begleiter für den Übergang zu Ihrer ganz besonderen Neugründung in Auderath. Bleiben Sie auf seine Fürsprache und sein Geleit behütet und vom Herrn gesegnet. Danke für Ihre Verbundenheit im Gebet auch über die Entfernung hinweg!
Amen.