Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Dokumentation

„Ein wacher und wachsamer Mensch“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung beim Requiem für Domkapitular em. Prälat Karl Rost am Samstag, 26. November, in Würzburger Kiliansdom

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Die Sorge um die Armen

„Die Armen werden niemals ganz aus deinem Land verschwinden. Darum mache ich dir zur Pflicht: Du sollst deinem notleidenden und armen Bruder, der in deinem Land lebt, deine Hand öffnen.“

Wie ein Vermächtnis klingt dieses eindrückliche Wort aus dem Buch Deuteronomium. Und in der Tat, es ist das Vermächtnis des Mose, der im fünften Buch Mose Israel noch einmal an alles erinnert, was ihm zum Heile dient. Die Armen werden niemals ganz aus deinem Land verschwinden. Trotz aller Bemühungen um eine gerechte Lebensordnung wird es immer Menschen geben, die durch die sozialen Sicherungsnetze hindurch fallen werden. Erinnere dich daran. Verachte sie nicht. Sieh in ihnen den Auftrag Gottes an dich, tatkräftige Hilfe zu leisten. Nur so wirst du im gelobten Land bestehen können.

Prälat Rost wusste darum. Als Seelsorger galt seine besondere Aufmerksamkeit den Armen und Notleidenden. Ihm war klar, dass das gelobte Land nicht einfach eine Gabe ist, sondern ein Auftrag. Wir bekommen es geschenkt, aber wir müssen es gestalten und zwar so, dass möglichst alle in den Genuss seiner Segnungen kommen.

Prälat Rost nahm sich das zu Herzen und es ging ihm zu Herzen, nicht nur als Pfarrer in Ruppertshütten, Wonfurt und Marktheidenfeld, sondern auch als Dekan in Lohr und noch zuletzt in Kist, wo er sich der Anerkennung und Wertschätzung seiner Gemeinde erfreute. Bei seinen Pfarrkindern war er beliebt als menschennah und zugewandt, einer, der mit seiner Gemeinde lebt und aus ihrer Mitte heraus Seelsorge betreibt.

Die Caritas zu beleben, war ihm ein Anliegen an jedem Ort, an den er als Seelsorger gesandt war. Eindrücklich hielt er im Rückblick fest: „Caritas ist eine Gottesgabe, die erbeten werden muss, um sie an die Menschen weiterreichen zu können“.

Seine Begeisterung für den christlichen Liebesdienst entging auch der Leitung des Bistums nicht. Bischof Paul-Werner Scheele nahm die soziale Ader von Karl Rost wahr und ernannte ihn 1987 zum Leiter der Hauptabteilung Soziale und caritative Dienste im Bischöflichen Ordinariat und zugleich zum Vorsitzenden des Caritasverbands für die Diözese Würzburg. Damit fand er seine eigentliche Lebensaufgabe, für die er sich über 15 Jahre nach allen Kräften einsetzte.

Der kluge Verwalter

„Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt?“

So fragt der Herr im Evangelium. Karl Rost erwies sich als kluger und treuer Verwalter seines Herrn.

Auch als Caritasdirektor blieb er Pfarrer, der Caritas-Pfarrer für die Diözese, wie er zu sagen pflegte. Das heißt, er verstand sich nicht zuerst als Manager oder Macher, sondern als Seelsorger, der sich für seine Mitarbeitenden einsetzt und dessen vornehmste Aufgabe darin besteht, andere für den caritativen Dienst zu begeistern. Ganz in diesem Sinne betonte er: „Am wichtigsten waren und sind nicht Gebäude, sondern motivierte Mitarbeiter, die mit dem Herzen dabei sind“. Er wusste, dass die Menschen das eigentliche Kapital allen Handelns aus christlicher Nächstenliebe sind. Das gute Arbeitsklima in Ordinariat und Verband war ihm selbst Ansporn und Kraftquelle für sein Tun, wie er später einmal bekannte.

Jenseits der Akzentsetzung auf der Seelsorge verlor er dennoch nicht die Herausforderungen des Tages aus dem Blick. Er wusste, was es bedeutet, die notwendende „Tagesration“ auszugeben. Davon zeugen bis heute die Werke, die er seinerzeit aufs Gleis gesetzt hat und die bis heute unersetzlich geblieben sind. Geleitet wurde er dabei von seiner denkwürdigen Devise, die da lautete: „Caritas muss bei den Menschen ankommen, sonst bleibt sie eine leere Hülle“.

In diesem Sinne wurden in seiner Amtszeit etliche Pflegeeinrichtungen für Senioren neu errichtet oder ausgebaut, darunter das Camillus-Haus auf dem Heimathof Simonshof in Bastheim als erstes Haus für wohnsitzlose Senioren in Bayern. Auch zahlreiche Kindertagesstätten konnten zwischen 1987 und 2002 saniert werden. Sozialstationen und Beratungsdienste wurden weiterentwickelt.

In diese Zeit fallen auch die Gründung der Caritas-Einrichtungen gGmbH, der Caritas-Schulen gGmbH, der ökumenischen Christophorus gGmbH für niederschwellige soziale Dienste in der Stadt Würzburg sowie der Vinzenz Werkstätten GmbH, dem heute größten Inklusionsbetrieb Nordbayerns.

Der Grundsatz der Subsidiarität, das heißt der Übernahme von Verantwortung dort, wo die Arbeit für die Menschen erbracht wird, und bedarfsgerechter Unterstützung durch übergeordnete Strukturen, wurde durch Neufassung aller Satzungen der Caritasvereine umgesetzt und gefestigt. Er wollte nach innen, aber auch in das weite Caritas-Netz der Diözese hineinwirken und es inspirieren. Dass er darüber hinaus auch andere motivierte, zeigte sich in seiner Berufung in die fünfköpfige Finanzkommission des Deutschen Caritasverbands.

Für sein langjähriges Engagement erhielt Prälat Karl Rost zahlreiche Ehrungen: Im September 2002 den Brotteller des Deutschen Caritasverbandes, im Dezember 2003 den Ehrenring der Stadt Marktheidenfeld, im Juni 2004 das Bundesverdienstkreuz am Bande und im November 2011 die Bayerische Staatsmedaille für soziale Dienste. Im Oktober 2014 verlieh ihm die Stadt Würzburg die Auszeichnung „Tanzender Schäfer“ für seine Verdienste um den Marienverein. Die zahlreichen Ehrungen unterstreichen eindrücklich, welche Resonanz das Engagement von Karl Rost gefunden hat.

Leben in der Erwartung der Wiederkunft des Herrn

„Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen! Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen.“

Heute, am Vorabend des Ersten Advent, ermahnt uns der Herr selbst, wach zu bleiben und seine Wiederkehr mit brennenden Kerzen zu erwarten. Karl Rost war ein solch wacher und wachsamer Mensch. Durch sein soziales Wirken wollte er dem Herrn den Weg bereiten in diese Welt.

Als er spürte, dass seine eigenen Kräfte nachließen, bereitete er sich ganz bewusst auf diese letzte Begegnung vor, wie ich selbst beim Besuch an seinem Krankenbett in Kist erleben durfte. In dieser bewegenden Stunde erzählte er mir von dem, was ihn Zeit seines Lebens bewegt hatte und was er nun dankbar zurücklegen wollte in die Hände des Herrn.

Heute dürfen wir gewiss sein, dass der Herr ihn bei seiner Wiederkunft wachend angetroffen hat, so wie er es sich selbst gewünscht hatte. Weil er von einer Hochzeit zurückkehrt, gibt uns der Herr Anteil am Hochzeitsmahl des ewigen Lebens. Dieses Hochzeitsmahl, das Himmel und Erde miteinander verbindet, dürfen auch wir mit ihm in dieser Stunde halten. Es ist das Hochzeitsmahl der Eucharistie, das uns über den Tod hinaus miteinander verbindet und in Christus eint. Denn der Herr selbst ist mitten unter uns wie der, der bedient.

Solcherart getröstet nehmen wir nun dankbar Abschied von Karl Rost. Mein Dank gilt auch der Gemeinde in Kist, für die er gerne gewirkt hat und in der er sich sehr wohlfühlte, wie er mir gegenüber immer wieder betonte. Zu besonderer Dankbarkeit bin ich aber heute Frau Rufina Pfeuffer verpflichtet, die ihn fürsorglich über sechs Jahrzehnte hinweg betreut und die ihn auch auf seiner letzten Wegstrecke liebevoll begleitet hat.

Möge Karl Rost nun ausruhen von all seinen Mühen und sich an der Gegenwart des Herrn erfreuen, der uns ein Leben schenkt, das diese Welt nicht geben kann. Amen.