„Pilger der Hoffnung“
Unter diesem Motto steht das Heilige Jahr 2025. Das ist zugleich ein passendes Motto für Ihr Ehejubiläum. Denn seit 25, 50 oder noch mehr Jahren sind Sie als Paar gemeinsam unterwegs auf Ihrem ganz persönlichen Pilgerweg. Welch ein Glück und ein Segen! Danke für dieses Zeugnis!
Das brennende Herz der Emmaus-Jünger als Symbol der Hoffnung
„Brannte uns nicht das Herz“ – so sagten die Emmaus-Jünger als sie den Herrn erkannten beim Brotbrechen. Das brennende Herz wird zum Symbol der Pilger der Hoffnung. Dem möchte ich in meiner Predigt etwas nachgehen.
Das brennende Herz am Anfang der Pilgerschaft
Das brennende Herz steht für den Beginn Ihres gemeinsamen Wegs, wenn das Herz in Liebe füreinander entbrennt. Es steht für den Moment, in dem Sie sich zum ersten Mal mit dem Gedanken getragen haben, mit diesem Menschen ihr Leben teilen zu wollen und diese Hoffnung aufleuchtete. Das Feuer des Anfangs hat sich oftmals ins gemeinsame Gedächtnis eingebrannt und das ist gut so. Heute ist der Moment, diese erste Liebe wieder neu zu entfachen und aufflammen zu lassen.
Das brennende Herz steht aber auch für die Aufgaben, die Sie gemeinsam angegangen sind und miteinander bewältigt haben
„Brannte nicht unser Herz…“ beim Gedanken, eine Familie zu gründen? Brannten wir nicht darauf, uns ein Zuhause zu schaffen, wo wir miteinander bleiben können? Brannten wir nicht darauf, unsere Träume zu verwirklichen? Jede Pilgeretappe lebte und lebt von der nötigen Begeisterung und dem inneren Elan, etwas Schönes miteinander und füreinander auf den Weg zu bringen. Nur wo man wirklich für etwas brennt, wird es auch gut und nachhaltig!
Das brennende Herz steht aber auch für die ersten Irritationen auf dem gemeinsamen Pilgerweg
Brannte es nicht im Herzen, als wir einander plötzlich nicht mehr verstanden? Und dann langsam lernen mussten, wie man sich einander wieder annähert. Die Hoffnung auf gegenseitiges Verstehen ist Ihnen zum Glück nicht abhandengekommen. Wenn ein unbedachtes oder ein gezielt gesetztes Wort noch lange im Inneren brannte und wehtat, ein Wort, das verletzte und das zu löschen Zeit brauchte, damit es sich nicht zum unkontrollierten Brandherd auswuchs? Die Hoffnung auf Versöhnung haben Sie immer hochgehalten, und das ist etwas Kostbares und Schönes. Brannte es nicht, wenn plötzlich das Feuer der Eifersucht im Spiel war und die Frage aufkam: Fühle ich mich noch geliebt? Und wo ist mein Partner, meine Partnerin wirklich? Und wer sind wir noch füreinander? Sich neu anzunähern, sich als Paar neu zu erfinden, brauchte und braucht Zeit und Einfühlsamkeit. Aber die Hoffnung, den rechten Eifer füreinander wieder zu entwickeln, haben Sie sich dankenswerterweise bewahrt. In all diesen Erfahrungen zeichnete sich ab: „Pilger der Hoffnung“ zu sein heißt, die Kraft der Hoffnung auf dem Weg immer wieder neu zu entdecken; sie ist nichts Statisches, das man ein für alle Mal hätte; sie muss immer wieder neu errungen werden und uns von Gott her immer neu zugesagt werden.
„Brannte uns nicht das Herz“? Das gilt aber auch für Rückschläge und Enttäuschungen, die nicht ausbleiben – wenn etwas in Flammen aufgeht und wir nur noch auf Sparflamme laufen
„Wir aber glaubten dass…“ – so beginnen die Sätze enttäuschter Hoffnungen wie bei den Emmaus-Jüngern. Bei der Krankheit eines Partners, die nicht zuließ, die Träume zu leben und zu verwirklichen, die man sich vorgenommen hatte und auf die man sich gefreut hatte. Bei Kindern, die ihre ganz eigenen Wege gegangen sind und sich nicht immer so entwickelt haben, wie wir es gerne gehabt hätten. Bei einem Schicksalsschlag, der dazu zwang, den eigenen Lebensentwurf und das Konzept des Zusammenlebens völlig neu zu justieren. Beim Tod eines Freundes, der Eltern oder gar des Kindes, wodurch eine wichtige Stütze wegfiel, die einen stabilisiert hat. Nein, nicht alle Hoffnungen des Anfangs erfüllen sich, manches wird ein Raub der Flammen und das tut weh, sehr weh.
„Musste denn nicht“, sagt Jesus, der Grund unserer Hoffnung
Musste nicht dieser Umweg genommen werden, auch wenn er uns alle Kräfte gekostet hat und wenn er ungeliebt war? Musste er nicht gegangen werden, um so neu zusammenzufinden? Oft sieht man erst im Nachhinein, wofür etwas gut war und wie aus den Zumutungen des Lebens etwas Gutes, unerwartet Segensreiches erwachsen ist – keine Selbstverständlichkeit, sondern immer eine unvorhersehbare Gnade. Das geht nur mit einer großen Portion Hoffnung und ihrer Tochter, der Geduld, die nicht einfach hinwirft, sondern nach neuer Wegweisung Ausschau hält in der Zuversicht, dass sich der Weg beim Gehen zeigt und das Feuer nicht erlischt… Die „Pilger der Hoffnung“ wissen um die Umwege und Abwege des Lebens, die Sackgassen und die Rückwege, denn Hoffnung ist kein linearer Prozess, sondern kennt Höhen und Tiefen und wächst gerade in der Bedrängnis, ja bewährt sich in der Prüfung, weil die Liebe Gottes in den Herzen hier überhaupt erst aufleuchtet, wie Paulus im Römerbrief schreibt.
Die brennenden Herzen als Feuer der Läuterung und Reife
Das brennende Herz steht am Ende eines langen Zusammenlebens für das Feuer der Läuterung und der Reife. Das Feuer der Läuterung, weil ich mich durch den Anderen selbst kennengelernt habe und er oder sie mir geholfen hat, ein reifer Mensch zu werden und so manche Unart abzulegen. Das Feuer der Läuterung, das mich lehrte, aufeinander Rücksicht zu nehmen und dem anderen die Möglichkeit zu eröffnen, auch seine Wünsche zu verwirklichen – und ich gerade durch das Glück des anderen auch selbst glücklich geworden bin. Das Feuer der Läuterung, das mich lehrte, realistisch zu bleiben und auch das anzunehmen, was uns als Paar nicht möglich war zu leben und was uns verschlossen blieb, ohne deshalb bitter zu werden oder nachtragend zu sein, sondern erlöst und versöhnt mit dem eigenen, unverwechselbaren Weg umzugehen. Einander zu helfen in der gegenseitigen Heiligung (1 Kor 7,14) ist ein großes Geschenk, denn in jedem geglückten Leben leuchtet die „Hoffnung auf Herrlichkeit“ (Kol 1,27) auf, die immer größer ist als alles, was unsere Anstrengung vermochte.
„Brannte uns nicht das Herz als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?“
Es ist schön, dass Sie auf Ihrem gemeinsamen Pilgerweg immer mit dem Herrn im Gespräch geblieben sind wie die Emmaus-Jünger, auch wenn Sie wahrscheinlich nicht immer alles auf Anhieb verstanden, was Er Ihnen zu sagen hatte, sondern Ihnen erst im Lauf der Zeit aufging, was Er meinte. Es ist eine schöne Erfahrung, wenn sich die Heilige Schrift erst auf dem gemeinsamen Pilgerweg erschließt und man vieles erst dann versteht, wenn man es selbst erlebt, nicht selten auch durchlitten hat, weil die Worte des ewigen Lebens erst da ihre volle Kraft entfalten. In der Feier der Eucharistie haben die Emmaus-Jünger schließlich den Herrn erkannt, als er ihnen das Brot brach und das Leben mit ihnen teilte. Was wir in der Eucharistie empfangen, haben Sie in Ihrem Miteinander nachvollzogen: Sie haben einander das Brot der Liebe gebrochen und Ihr Leben miteinander geteilt. Wie dieses Brot „immer gebrochen, und doch nie zerbrochen wird; wie es immerdar gegessen, aber nie aufgezehrt wird“, so möge auch die Flamme der Liebe Ihres Herzens im Weitergeben nie erlöschen, sondern leuchten – bis in Ewigkeit. Amen!
(Es gilt das gesprochene Wort!)